Die neuen Prüf- und Zertifizierungsrichtlinien des Herstellerverbands RLT-Geräte
Der Herstellerverband Raumlufttechnische Geräte, Bietigheim-Bissingen, hat seine Richtlinien zur Zertifizierung von zentralen Lüftungsgeräten überarbeitet. Der folgende Beitrag informiert über die wesentlichen Änderungen.
Seit über 20 Jahren arbeitet der Herstellerverband Raumlufttechnische Geräte an der Weiterentwicklung von technischen und umweltrelevanten Vorgaben für zentrale RLT-Geräte. 2005 hat der Verband in der RLT-Richtlinie 01 Zertifizierungsverfahren und Effizienzlabel für RLT-Geräte eingeführt, die energierelevante Kriterien beschreiben, die mit einem angemessenen Aufwand geprüft werden können. Dabei werden auch die Daten der zugelieferten Komponenten (Ventilatoren, Wärmerückgewinnung) überprüft, und es werden für deren Einbau in ein RLT-Gerät geeignete Korrekturfaktoren vorgeschrieben. Auf Basis der Ergebnisse dieser Zertifizierungen werden die entsprechenden RLT-Geräte mit Effizienzlabeln der Klassen B, A und A+ ausgezeichnet (Abbildung 1).
Änderungen durch die neue Ökodesign-Richtlinie
Ab Anfang 2016 kommen mit der Ökodesign-Richtlinie EU 1253/2014 für zentrale Lüftungsgeräte neue Herausforderungen auf die Hersteller dieser Geräte zu. Obwohl mit den bestehenden Energieeffizienzkriterien des Herstellerverbands gemäß der Richtlinie 01 jedes RLT-Gerät komplett energetisch bewertet werden kann, führt die Richtlinie EU 1253/2014 neue Effizienzkennzahlen ein, zum Beispiel den SFPint-Wert (Specific Fan Power = Spezifische Ventilatorleistung in W/(m³/s)). Dabei orientiert sich dieser SFPint-Wert allerdings ausschließlich an den Qualitäten (Effizienzen) der Wärmerückgewinnung, der Luftfilter und der Ventilatoreinheit (Abbildung 2), während das Zertifizierungsverfahren des Herstellerverbands – wie nachfolgend erläutert wird – deutlich umfangreicher und damit auch aussagekräftiger ist.
Abbildung 2: Bei der Berechnung des SFPint-Werts gemäß der Richtlinie EU 1253/2014 werden zur Bestimmung der Energieeffizienz lediglich die Daten der Ventilatoren, der Zu- und Abluftfilter und der Wärmerückgewinnung berücksichtigt. (Abb. Huber+Ranner)
Alle Vorgaben der Ökodesign-Richtlinie müssen ab Januar 2016 eingehalten werden. Anfang 2018 folgen weitere Verschärfung an die Effizienzanforderungen von Lüftungsgeräten. Wichtig ist, dass die Ökodesign-Richtlinie ein europäisches Gesetz ist, das zusätzlich zu den für RLT-Geräte bestehenden anerkannten Regeln der Technik (Normen, Richtlinien) eingehalten werden muss.
Der Herstellerverband RLT-Geräte hat die Inhalte und Anforderungen der neuen Richtlinie EU 1253/2014 für Anwender aufbereitet und sie bei der Energieeffizienz-Zertifizierung für RLT-Geräte berücksichtigt. Gleichzeitig gibt es eine weitere wichtige Neuheit:
Alle Aspekte und Kriterien des Energieeffizienzlabels, die bislang in der RLT-Richtlinie 01 behandelt wurden (inklusive der neuen Aspekte durch die Ökodesign-Richtlinie), sowie die Verfahrensanweisungen und Erläuterungen für den TÜV aus der Richtlinie RLT-TÜV 01, wurden in der neuen „RLT-Richtlinie Zertifizierung“ zusammengefasst (Titel: RLT-Richtlinie Zertifizierung – Prüfrichtlinie und Zertifizierungsprogramm zur Bewertung der Energieeffizienz von Raumlufttechnischen Geräten durch den Herstellerverband Raumlufttechnische Geräte in Kooperation mit der TÜV Süd Service GmbH). Danach umfassen die Kriterien für eine erfolgreiche Zertifizierung von RLT-Geräten durch den Herstellerverband künftig folgende vier Bereiche.
Die neue RLT-Richtlinie Zertifizierung
Das RLT-Gerät muss einen Nennluftvolumenstrom von mindestens 1.000 m³/h aufweisen.
Gleichzeitig ist entscheidend, dass jedes einzelne Kriterium einer Energieeffizienzklasse für sich erfüllt sein muss. Das heißt, ein Gerät der Klasse A+ muss in allen Zertifizierungskriterien die A+-Anforderungen erfüllen. Eine Kompensation zwischen den Kriterien ist nicht möglich.
Es sind weiterhin alle energetischen Anforderungen einzuhalten, die auch bisher in den Energieeffizienzklassen B, A und A+ definiert wurden. Damit ist gesichert, dass Geräte einer Klasse, zum Beispiel A+, künftig (also ab 2016) qualitativ nicht schlechter sind als bei der Zertifizierung bis zum 31. Dezember 2015.
Somit müssen beim Zertifizierungsverfahren des Herstellerverbands auch in Zukunft folgende wichtige Kriterien der Energieeffizienz eingehalten werden, die in dieser Form in der Ökodesign-Richtlinie nicht berücksichtigt werden.
Dies gilt für die Geschwindigkeitsklassen (V-Klassen), also die Luftgeschwindigkeit durch den lichten Querschnitt des RLT-Geräts (V2 = 1,6 – 1,8 m/s bis V7 = 2,8 – 3,2 m/s in Abhängigkeit von der Ausführung und Ausstattung des RLT-Geräts). Geringe Luftgeschwindigkeiten sorgen für geringe Druckverluste an Filtern, Erhitzern, Kühlern, Befeuchtern und Schalldämpfern und damit auch für niedrige Betriebskosten. Zum Beispiel RLT-Geräte der Qualität A+, ausgestattet mit allen thermodynamischen Funktionen zur Luftbehandlung, müssen mindestens der Klasse V2 (maximal 1,8 m/s) entsprechen.
Ebenso bleiben die Anforderungen der Wärmerückgewinnungsklassen (H-Klassen) erhalten. In der Ökodesign-Richtlinie werden nur Mindestwerte für die Temperaturübertragungsgrade ηtgefordert. Demgegenüber berücksichtigen die H-Klassen gemäß DIN EN 13053 „Zentrale raumlufttechnische Geräte – Leistungskenndaten für Geräte, Komponenten und Baueinheiten“, die die Basis zur Zertifizierung gemäß Herstellerverband bilden, in der Leistungszahl ηe zusätzlich auch den elektrischen Aufwand für die Wärmerückgewinnung (Druckverlust der Wärmerückgewinnung). Damit ist für Wärmerückgewinnungen die Angabe der H-Klasse deutlich aussagekräftiger als der SFPint-Wert der Ökodesign-Richtlinie, die den energetischen Aufwand einer Wärmerückgewinnung (Druckverlust, Rotorantrieb, Pumpenleistung) nur teilweise berücksichtigt. Zum Beispiel ein RLT-Gerät der Qualität A+ muss nach dem Zertifizierungssystem des Herstellerverbands eine Wärmerückgewinnung der Klasse H1 (ηe ≥ 71 %) aufweisen.
Zudem müssen auch die Ventilatoreinheiten vorgegebene Mindestqualitäten erfüllen, die in Abhängigkeit von einem Referenzwert definiert sind.
Ein weiterer Kriterienbereich befasst sich mit den Anforderungen aus der EU-Richtlinie. Alle Vorgaben daraus werden vollumfänglich geprüft. Mit der Energieeffizienzklasse A gemäß Herstellerverband haben Fachplaner, Anlagenbauer und Betreiber die Sicherheit, dass die ab Januar 2016 geltenden gesetzlichen Vorgaben aus der Richtlinie EU 1253/2014 erfüllt werden. Mit der Klasse A+ werden sogar alle Vorgaben erreicht, die die Ökodesign-Richtlinie erst ab Januar 2018 gesetzlich fordert.
Die Klasse B entspricht weitgehend der bisherigen Klasse B. Diese erfüllt zwar nicht alle Anforderungen der Richtlinie EU 1253/2014, sie kann aber grundsätzlich weiterhin genutzt werden – zum Beispiel für den Vertrieb von RLT-Geräten in Länder außerhalb der EU und für alle Geräte, die nicht in den Geltungsbereich der Ökodesign-Richtlinie fallen.
Darüber hinaus berücksichtigt die Zertifizierung weitere qualitative Ausführungsmerkmale der RLT-Geräte, die direkt oder indirekt Einfluss auf die Energieeffizienz haben, insbesondere bei Betrachtung einer längeren Zeitspanne. Außerdem wird die Prüfung der eingesetzten Komponenten Ventilatoren und Wärmerückgewinnung beschrieben. Zusätzlich erfolgt unter anderem eine Prüfung, ob die Angaben im technischen Datenblatt bezüglich der energetischen Daten vollständig und richtig berechnet sind.
Die Verlässlichkeit
Ein wichtiger Punkt ist die Überprüfung der angegebenen Leistungs- und Effizienzwerte der Wärmerückgewinnungs- und Ventilatoren-Hersteller, die bisher in der Richtlinie RLT-TÜV-01 geregelt war. Die Angaben von Effizienz-Gesamtwerten der Gerätehersteller können nur dann zuverlässig sein, wenn auch die Basis, also die Angaben zu den zugelieferten Komponenten, korrekt ist. Daher sind zertifizierte Hersteller von RLT-Geräten verpflichtet, für den Einbau der Ventilatoren, Motor-Teillasten, Lieferklassen und Software-Berechnungsalgorithmen Korrekturwerte zu berücksichtigen. Diese im Hintergrund einer Software ablaufenden Korrekturen sind für einen Außenstehenden nur sehr schwer zu prüfen. Diese Aufgabe übernimmt daher als neutrale Stelle der TÜV SÜD, der mittlerweile über viel Erfahrung in der Überprüfung der Software der verschiedenen Geräte- und Komponentenherstellern verfügt.
Da die Energieeffizienzkriterien nun vollständig in der neuen „RLT-Richtlinie Zertifizierung“ beschrieben sind, werden sie aus der bisherigen RLT-Richtlinie 01 gelöscht. In der künftigen RLT-Richtlinie 01 bleiben aber ergänzende hygienische und mechanische Eigenschaften von RLT-Geräten (Gehäuse, Luftanschlüsse, Klappen/Mischeinheiten, Luftfilter, Wärmerückgewinnung, Erhitzer/Kühler, Schalldämpfer, Befeuchter und Ventilatoren inklusive den zugehörigen technischen Regeln) sowie Informationen zur Montage- und Wartungsfreundlichkeit der Geräte.
Damit steht auch für die RLT-Richtlinie 01 (aktueller Stand August 2014) eine Überarbeitung an. Dazu wartet der Herstellerverband aber noch auf die Neufassungen zum Beispiel der EN 13053 „Zentrale raumlufttechnische Geräte – Leistungskenndaten für Geräte, Komponenten und Baueinheiten“ und der EN 16798 Teil 3 „Lüftung von Nichtwohngebäuden – Anforderungen an die Leistung von Lüftungs- und Klimaanlagen und Raumkühlsystemen“ (Nachfolgenorm zur EN 13779), die derzeit in Erarbeitung sind. Eine neue Ausgabe der RLT-Richtlinie 01 wird somit voraussichtlich Mitte 2016 erscheinen.
Alle erwähnten RLT-Richtlinien stehen als kostenlose Downloads auf www.rlt-geraete.de zur Verfügung.
Autor
Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Wirtschaftsing. (FH) Udo Ranner, Mitglied des Vorstands und Obmann Arbeitskreis Technik im Herstellerverbandes RLT-Geräte